Europameisterschaft

Hoffnung durch Scholls Traumtor

Gruppe A, Lüttich: Deutschland - Rumänien 1:1 (1:1)

Hoffnung durch Scholls Traumtor

Vergleicht man dieses fünfte Spiel der EURO mit den anderen bisherigen Partien, bleibt nur bedauerndes Kopfschütteln. Von dem Schwung, dem Offensivgeist und dem Tempo-Fußball, den die Konkurrenz zeigte, waren beide Mannschaften meilenweit entfernt. Allerdings: So temperamentvoll hat noch kein großes Turnier begonnen!

Nimmt man jedoch den Durchschnitt, wie sich die deutsche Auswahl in den letzten beiden Jahren präsentiert hatte, so macht das 1:1 (das dritte Remis gegen Rumänien bei sieben Siegen und einer Niederlage) dennoch Mut, dass die Gruppenspiele nicht das Ende der deutschen Hoffnungen bedeuten müssen. Aber die Ribbeck-Truppe darf sich gegen die - nach dem "Wahnsinns- Spiel" gegen Portugal hochmotivierten - Engländer am Samstag keine Niederlage erlauben. Sie steht folglich unter beachtlichem Zugzwang.


Spieler des Spiels

Mehmet Scholl Mittelfeld

2,5
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Spielnote

4
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Tore und Karten

0:1 Moldovan (5')

1:1 Scholl (28')

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Deutschland
Deutschland

Kahn3,5 - Linke5 , Matthäus3,5 , Nowotny2,5 - Babbel3,5, Jeremies3, Ziege5, Häßler4 , Scholl2,5 - Rink4, Bierhoff3,5

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Rumänien
Rumänien

Stelea2,5 - Ciobotariu3, Popescu4, Filipescu4 - Petrescu4 , Galca3,5, Munteanu3, Chivu4,5, Hagi4 - Moldovan3,5 , Ilie4

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Schiedsrichter-Team

Kim Milton Nielsen Dänemark

4,5
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Spielinfo
Stadion Maurice Dufrasne ("Sclessin")
Zuschauer 30.000 (ausverkauft)
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Die Höhepunkte des Spiels


Zurück zum Spiel: Erich Ribbeck entschied das Rätselraten um die Aufstellung, indem er den leicht lädierten Kirsten schonte und Rink eine Chance gab. Sein rumänisches Pendant Jenei gab anstelle des erfahrenen Lupescu dem jungen Chivu eine Chance, so dass die komplette Elf aus Legionären von zehn verschiedenen Klubs bestand. Dennoch präsentierte sich Rumänien in der Anfangsphase als geschlossenere Einheit mit ständig beweglichen Anspielstationen und tollem Direktspiel, je nach Bedarf durch die Mitte oder über die Flügel. Eminent gefährlich waren die Steilvorlagen, bei denen vor allem der orientierungslose Linke völlig überfordert war. Sein technischer Fehler nach fünf Minuten läutete das frühe Gegentor ein, das bei der deutschen Mannschaft einen herben Schock hinterließ. Fortan liefen viele Bemühungen ins Leere, statisch vorgetragen, mit dem neben Linke völlig indisponierten Ziege als Schwachpunkt. Scholl blieb es mit seinen beweglichen Aktionen und seinem Einfallsreichtum vorbehalten, seinen Nebenleuten zurück den Weg ins Spiel zu zeigen. Häßler fand mehr und mehr Selbstvertrauen, Babbel brachte Schwung über rechts, Rink leistete ein enormes Laufpensum, und in der Abwehr sorgten Matthäus und Nowotny im Duett dafür, dass die wendigen Rumänen nur noch seltener für Gefahr sorgen konnten.

Scholls rechtzeitiger Ausgleich war ein brillantes Meisterstück. Er bewies ein feines Auge und demonstrierte herrliche Schusstechnik. Vorhergegangen war ein lange vermisstes Kombinationsspiel auf engstem Raum.

Weil auch Jeremies von Minute zu Minute sicherer wurde und über den Zweikampf in sein dynamisches Spiel gelangte, blieb den Rumänen kaum mehr, als auf verstärkte Defensive zu setzen. Wenn Munteanu nicht immer wieder für Ordnung gesorgt und Stelea in der Strafraum-Beherrschung überzeugt hätten, wäre ein weiteres deutsches Tor fast unvermeidlich erschienen. Aber: Bierhoff misslangen einige präzise Kopfbälle knapp, Rink zögerte bei energischem Durchtanken die entscheidenden Aktionen hinaus.

Dass die Rumänen früh ihr Pulver verschossen hatten, merkte man vor allem dem Stand-Fußballer Hagi an, gegen den Ziege eigentlich zum Spieler des Spiels hätte reifen können - so indisponiert hat man den Ex-Münchner schon lange nicht mehr erlebt.

Immerhin fügten sich Rehmer als Manndecker, Hamann im zentralen Mittelfeld und Deisler auf rechts (für den Babbel nach innen rutschte und sich um Ilie kümmerte) vielversprechend ein, so dass Gefahr für Kahns Tor nur noch selten entstand.

Mit Fortdauer des Spiels schwanden allerdings nicht nur die Kräfte, (vor allem bei Häßler), sondern auch der allgemeine Siegeswille.

An Brillanz ließ diese Partie folglich viele Wünsche offen, am Kampfgeist jedoch dürften sich die deutschen Hoffnungen auf einen positiven Ausgang bei dieser EURO hochziehen.

Rainer Holzschuh