Tschechiens Coach Pavel Vrba nahm gegenüber der späten 0:1-Auftaktpleite gegen Spanien zwei personelle Wechsel vor: Routinier Lafata verdrängte Necid aus dem Sturmzentrum, zudem erhielt der offensiver ausgerichtete Skalak den Vorzug vor dem Bremer Gebre Selassie auf der rechten Außenbahn. Der kroatische Nationaltrainer Ante Cacic sah nach dem 1:0 gegen die Türkei keine Veranlassung, seine Startformation umzubauen.
Die Vatreni (Feurigen) gaben von Anpfiff weg den Takt vor, verbuchten in der Anfangsviertelstunde fast 75 Prozent Ballbesitz und legten sich ihren Gegner mit Modric als Mittelfeld-Dirigenten durch gepflegtes Kurzpassspiel zurecht. Gleich die ersten Offensivszenen brachten Gefahr mit sich: Mandzukic prüfte Cech nach einer Srna-Ecke (2.), Badelj verzog aus 18 Metern (7.).
Nach einer Viertelstunde stellten sich die Tschechen etwas besser auf ihren Gegner ein, wagten zumindest vereinzelte Ausflüge in die Nähe des gegnerischen Strafraums. Dabei versprühte das Team von Pavel Vrba allerdings zu wenig Gefahr. Und defensiv fand die Defensive um den Ex-Berliner Hubnik besonders bei schnellem Umschaltspiel nach wie vor nicht zur Ordnung: Perisic rutschte bei einer Hereingabe von Mandzukic am Ball vorbei (21.).
Perisic macht's mit Auge
Spielerisch präsentierten sich die Kroaten extrem reif, die Kugel lief wie am Schnürchen von Mann zu Mann. Wenn ihnen in der ersten halben Stunde etwas vorzuwerfen war, war das der mangelnde Killerinstinkt vor dem Tor.
Diesen wies dann ein Ex-Wolfsburger nach: Badelj stibitzte Plasil das Leder im Mittelfeld und nahm Perisic links mit. Der Flügelstürmer hatte viel Platz und netzte aus gut 14 Metern ungestört und trocken per Linksschuss ins lange Eck ein - 1:0 (37.). Den hochverdienten Vorsprung nahmen die Kroaten gegen einen schlappen Gegner mit in die Kabine.
Nach Wiederanpfiff schickte sich Tschechien an, das Spiel etwas abwechslungsreicher zu gestalten. Die Vrba-Schützlinge schoben ihr Kollektiv ein gutes Stück nach vorne, um die ersten kroatischen Aufbauspieler früher zu attackieren. Daraus sprang immerhin ein Volleyschuss Krejcis aus der Drehung heraus, den Subasic locker entschärfte (53.). Mehr aber kam die neue Marschroute den Kroaten zu Gute, die bei Überbrückung der ersten Angriffsreihe in die sich zwangsläufig bietenden Freiräume stießen.
Gruppe D - 2. Spieltag
Zwei, drei Mal mangelte es beim Team von Ante Cacic noch an der nötigen Konzentration beim letzten Pass - bis Hubnik die Kroaten durch einen kapitalen Fehlpass im Aufbauspiel einlud: Brozovic steckte auf Rakitic durch, der frei vor Cech herrlich per Heber vollendete (59.). Trotz der souveränen Führung stockte den Kroaten dann der Atem, weil sich Kreativkopf Modric an die Leiste fasste und vorsichtshalber raus musste (62.).
Vrbas goldenes Händchen
Tschechiens Trainer Vrba reagierte und setzte mit Sural und Skoda frische Impulse von außen (67.). Das sollte sich auszahlen: Rosicky gab den Ball ins Zentrum, Joker Skoda überstieg Corluka und wuchtete das Leder aus elf Metern platziert in das rechte Kreuzeck (76.). Urplötzlich witterte Tschechien seine Chance, dem Favoriten doch noch ein Bein stellen zu können. Wirklich druckvoll wirkten Rosicky & Co jedoch nicht, vielmehr hatte Brozovic für Kroatien die Entscheidung auf dem Fuß (85.).
Brachte Tschechien zurück ins Spiel: Milan Skoda. Getty Images
In den Schlussminuten sorgten kroatische Anhänger für unschöne Szenen, zahlreiche Feuerwerkskörper flogen auf das Spielfeld und bewirkten eine kurzzeitige Spielunterbrechung. In der daraus resultierenden achtminütigen Nachspielzeit warf Tschechien alles nach vorne - und belohnte sich. Vida berührte die Kugel nach einer hohen Hereingabe im eigenen Strafraum mit der Hand, Clattenburg entschied auf Strafstoß. Mit Necid übernahm ein weiterer Joker die Verantwortung - und vollstreckte wuchtig unter die Latte (90. +4).
Im letzten Gruppenspiel muss Tschechien am Dienstag um 21 Uhr in Lens gegen die Türkei ran. Zur gleichen Zeit erwartet Kroatien in Bordeaux Titelverteidiger Spanien zum Spitzenspiel.