Italiens Trainer Cesare Prandelli nahm nach der 0:1-Niederlage gegen Costa Rica vier personelle Änderungen vor: Candreva, Motta, Abate und de Rossi (Wadenprobleme) machten Platz für de Sciglio, Verrati, Bonucci und Immobile. Prandelli stellte auch das System auf ein 3-5-2 mit zwei echten Spitzen um. Uruguays Nationalcoach Oscar Tabarez vertraute hingegen der gleichen Anfangself, die schon den überlebenswichtigen 2:1-Erfolg gegen England eingefahren hatte.
Azzurri-Coach Prandelli wählte vor Anpfiff pathetische Worte und nannte das faktische K.o-Spiel "die wichtigste Partie meines Lebens. Es ist mit keinem anderen Spiel vergleichbar, das ich bisher erlebt habe."
Viele Fouls und Nickeligkeiten
Das sehr viel auf dem Spiel stand, war den Beteiligten von Anfang an auch anzumerken. Fast minütlich war das Spiel unterbrochen, ein Foul jagte das nächste. Am kräftigsten trat Barzagli gegen Suarez zu, die fällige Gelbe Karte ließ Schiedsrichter Marco Rodriguez aber gnädig stecken (6.). Dabei hätten beide Teams genau diese Warnung gebrauchen können, denn auch in der Folgezeit nahmen die Ruppigkeiten nicht ab.
So war in der Anfangsphase nur wenig Fußball auszumachen. Die erste nennenswerte Gelegenheit bot sich Pirlo, mit dessen tückischem Freistoß Torwart Muslera so seine Probleme hatte (12.). Fußball wurde sonst wenig gespielt, die Partie umso öfter unterbrochen. Die nächste auffällige Aktion hatte Balotelli, aber keine, die zu Torgefahr führen sollte: Der Stürmerstar sprang Pereira mit angezogenen Knien ins Genick - und sah dafür Gelb (23.).
Von der Celeste kam offensiv zu wenig, obwohl gerade sie den Sieg dringend zum Weiterkommen benötigte. Doch Suarez war oftmals ganz vorne auf weiter Flur alleine, weil Cavani sehr hängend agierte und den Weg mit in die Spitze nicht antrat. Auch Zuspiele aus dem Mittelfeld blieben oft aus oder nur Stückwerk.
Erst nach rund dreißig Minuten gab es die nächste Annäherung an ein Tor. Immobile kam bei seiner Direktabnahme aus dem Strafraum aber zu sehr in Rücklage und drosch das Leder weit drüber (29.). Die erste gefährliche Aktion hatte Uruguay nach 33 Minuten: Suarez spielte am Strafraum einen Doppelpass mit Lodeiro, Buffon kam aber aus dem Kasten und wehrte erst Suarez' Rückspiel und anschließend auch Lodeiros Nachschuss ab.
Gruppe D - 3. Spieltag
Viel mehr tat sich in den Strafräumen nicht, so dass beide Teams wieder dazu übergingen, sich wie am Anfang der Partie nach Herzenslust zu bekriegen. Die zahlreichen Nickligkeiten nahmen wieder zu, Schiedsrichter Rodriguez pfiff zeitig beim Stand von 0:0 zur Pause.
Marchisio fliegt mit Rot vom Feld
Balotelli blieb zur Halbzeit in der Kabine, für ihn verstärkte Parolo das Mittelfeld der Azzurri. Das Bild änderte sich aber nicht: Das Spiel blieb sehr unansehnlich, abermals dominierten Unterbrechungen die Partie. Uruguay tat sich schwer, Räume zu finden. Nach einem abermaligen Doppelpass überrumpelte plötzlich Rodriguez die Italien-Abwehr und tauchte frei vor Buffon auf. Sein Schuss von links strich am langen Pfosten vorbei (58.).
Nur eine Zeigerumdrehung später wurde es hitzig: Marchisio hielt die Sohle drüber und traf Arevalo Rios unterhalb des Knies, Schiedsrichter Rodriguez, der wenige Meter daneben stand, zeigte dem Mittelfeldmann Glatt-Rot! Das spielte der Celeste natürlich in die Karten, jetzt kamen die Südamerikaner: Cavanis Schussversuch wurde geblockt, so dass die Kugel zu Suarez prallte, der frei vor Buffon sofort per Außenrist abzog, in dem 36-Jährigen Schlussmann aber seinen Meister fand (66.).
Claudio Marchisio flog vom Platz - und hatte für die Entscheidung kein Verständnis. Getty Images
Suarez beißt erneut zu - Godin besorgt den Sieg
Im Strafraum wurde es kurze Zeit später so richtig knifflig: Suarez setzte zum Schulterbiss (!) gegen Chiellini an, der sich per Ellbogeneinsatz wehrte. Schiedsrichter Rodriguez hatte die Situation wohl nicht richtig gesehen und ließ beide weiterspielen.
Die anschließende Ecke ließ dann ganz Uruguay jubeln: Godin stieg in der Mitte am höchsten und bugsierte das Leder per Schulterblatt (!) unhaltbar flach ins Tor zur Führung für die Celeste (81.).
Nun waren die in Unterzahl agierenden Italiener gefordert: Die Azzurri warfen alles nach vorne, Uruguay verteidigte erbarmungslos. Auch fünf Minuten Nachspielzeit brachten nichts mehr ein, beide Teams waren stehend K.o. und brachten kaum noch zwei Pässe an den Mann. Selbst Torhüter Buffon schaltete sich in den Schlusssekunden vorne mit ein - allein, es nützte den Italienern nichts mehr. Uruguay rettete das 1:0 über die Zeit und steht als Gruppenzweiter im Achtelfinale, für Italien ist die WM beendet.
Uruguay trifft am Samstag um 22 Uhr (MESZ) in Rio de Janeiro auf den Ersten der Gruppe C. Costa Rica erwartet in der Runde der letzten 16 am Sonntag um 22 Uhr (MESZ) in Recife den Zweiten der Gruppe C.