Bevor es beim Spitzenspiel zwischen dem bis dato ungeschlagenen Spitzenreiter Milan und dem amtierenden Meister Juve sportlich wurde, hatte es reichlich personelle Meldungen gegeben: So fehlten auf Seiten der Rossoneri etwa weiterhin Ibrahimovic (Wade), Rebic (COVID-19) oder Tonali (Rotsperre) und bei den Turinern zum Beispiel Alex Sandro sowie Cuadrado (jeweils COVID-19). Nach negativen Tests beim Rest konnte das Duell aber über die Bühne gehen.
Dybalas Weltklasse-Hacke
Und vom Start weg hielt dieser Vergleich das, was er versprochen hatte. Die Mailänder hatten zunächst mit forschem Pressing die Kontrolle und kamen auch zu Chancen - Szczesny war allerdings zunächst nicht zu überwinden, der Pole hielt alles. Im Juve-Angriff dagegen war anfangs noch recht wenig los, einzig der äußerst agile Dybala (große Chance in Minute 2 vergeben) zeigte sich wie auch Chiesa, der einen Donnerkeil an den rechten Pfosten setzte (16.), gefällig. Und in Minute 18 stand es plötzlich 1:0 - und zwar nach einem Weltklasse-Spielzug: Dybala, in den letzten Monaten durch Verletzungen und eine COVID-19-Erkrankung zurückgeworfen, leitete den Ball frech via Hacke in den Lauf von Chiesa weiter. Der italienische Nationalspieler blieb cool und schob frei vor Donnarumma links unten ein.
Der Gegentreffer versetzte Milan aber nicht in eine Schockstarre, im Gegenteil: Angepeitscht von Trainer Stefano Pioli und Zuschauer Ibrahimovic, der von der Tribüne aus mitfieberte, brannten die Rossoneri bis zur Pause nochmals ein Offensivfeuerwerk ab. Rafael Leao verzog (22.) und scheiterte am starken Szczesny (27.), Calabria probierte es (33.) wie auch Calhanoglu (34. und 35.) aus der Distanz. Das 1:1 lag in diesen Minuten absolut in der Luft - und fiel auch: Hauge schickte Rafael Leao überlegt mit dem Außenrist auf der linken Seite. Der Stürmer legte nach einem kurzen Antritt quer in die Mitte zu Calabria. Dessen Direktschuss ging oben rechts in den Winkel, Szczesny hatte dieses Mal nichts zu halten (41.).
Im Anschluss kochten die Emotionen hoch: Sowohl kurz nach dem kassierten Ausgleich als auch kurz darauf nach dem Pausenpfiff beschwerten sich Juve-Profis wie auch Trainer Andrea Pirlo lautstark bei Schiedsrichter Massimiliano Irrati. Dieser hatte einen klaren Rempler von Calhanoglu gegen Rabiot kurz vor dem 1:1 nicht geahndet - und für den VAR lag diese Szene im Anschluss vermutlich zu weit zurück, um sich zu melden.
Chiesa zum Zweiten
Die zweiten 45 Minuten starteten derweil überschaubar, beide Teams beharkten sich nun zuhauf im Mittelfeld. Lediglich Mailands Diogo Dalot prüfte mal die Reflexe von Szczesny (48.). Ansonsten fehlte es offensiv auf beiden Seiten in dieser Phase an Genauigkeit wie Ideenreichtum. Außerdem blass bis dato: Cristiano Ronaldo, der vom früheren Wolfsburger Kjaer stark abgemeldet wurde. Die beiden auffälligsten Juve-Offensivakteure konnten dann allerdings wiederholt nicht gestoppt werden, was zum 2:1 für den amtierenden Meister führte: Dybala assiertierte dabei wieder Chiesa, dieses Mal mit einem präzisen Zuspiel. Der Neuzugang tanzte Theo aus, schoss und traf unhaltbar für Donnarumma links unten zur erneuten Führung (62.).
Kurios: Direkt nach dem 2:1 wechselte Juve-Coach Pirlo, der in diesem Mailänder Stadion einst zwischen 2001 und 2011 große Erfolge wie den zweimaligen Gewinn der Champions League gefeiert hatte, sowohl Dybala als auch Chiesa aus.
Joker McKennie steht am richtigen Fleck
Markierte den 3:1-Endstand für Juve: Ex-Schalker Weston McKennie. imago images
Doch damit bewies der Weltmeister von 2006 ein goldenes Händchen, zumal Dybala in den letzten Tagen ohnehin hohes Fieber gehabt hatte. Denn ausgerechnet die frischen Kräfte Kulusevski und McKennie verbuchten das vorentscheidende 3:1 (76.), der Ex-Schalker staubte nach überlegter Vorlage des Schweden aus nächster Nähe ab - bereits sein zweites Saisontor. Klar, dass der lombardische Gastgeber nun das Risiko erhöhen musste. Allein es nützte nichts mehr gegen eine stabile Abwehr um Turm de Ligt und Kapitän Bonucci, die alles abschotteten und mit den Kollegen das 3:1 über die Zeit brachten.
Und auch wenn noch Frust bei den Mailändern aufkam (Bentancur sah nicht Gelb-Rot, ein möglicher Elfmeter wurde spät nicht gewährt), an der ersten Niederlage nach saisonübergreifend 27 niederlagenlosen Partien (zuletzt vor 304 Tagen ein 1:2 gegen den CFC Genua) gab es nichts mehr zu rütteln. Erstmals in dieser Serie-A-Saison standen die seit Monaten so starken Rossoneri mit leeren Händen da, während die Turiner ganz wichtige drei Punkte einfuhren und auf Platz 3 sprangen.