Der FC Liverpool ging als klarer Favorit ins Derby mit dem FC Everton. 14-mal in Folge waren die Reds gegen ihren Stadtrivalen in Pflichtspielen zuletzt ungeschlagen geblieben, gar 17-mal hintereinander konnten die Toffees an der Anfield Road in der Premier League nicht gewinnen (0/8/9).
Jürgen Klopp sorgte schon vor dem Anpfiff für verwunderte Gesichter. Sechs Wechsel nahm er im Vergleich zum 7:0-Erfolg gegen Spartak Moskau in der Champions League vor. Die Überraschung: Coutinho und Firmino mussten im Schnee an der Anfield Road zunächst auf der Bank Platz nehmen. Neben dem jungen Solanke (20) begann auch Oxlade-Chamberlain.
Das Spiel lief von Beginn an wie erwartet: Everton stand tief in der eigenen Hälfte und beschränkte sich aufs Verteidigen. Liverpool entfachte von Beginn an - vor allem über Salah auf der rechten Angriffsseite - viel Wirbel. Die Toffees wackelten, ließen zunächst aber keine großen Chancen zu. Milners Versuch (11.) wurde geblockt.
Salahs Geniestreich, Manés Egoismus
Liverpool, das in der ersten Hälfte sage und schreibe 80 Prozent Ballbesitz verzeichnete, brauchte einmal mehr einen Geniestreich des formstarken Salah, um kurz vor der Pause in Führung zu gehen. Der Ägypter setzte sich am rechten Strafraumeck gegen Martina und Gueye durch und schlenzte den Ball unnachahmlich in den linken Tor-Winkel (42.). Im 24. Spiel schon sein 19. Pflichtspieltor für die Reds!
In der Nachspielzeit hätte noch ein weiterer Treffer dazukommen müssen, doch der enteilte Mané entschloss sich zum (erfolglosen) Abschluss, statt einen von drei (!) in der Mitte freistehenden Teamkollegen zu bedienen.
Kurz nach der Pause verfehlte Salah das Tor mit einem Kopfball nur knapp (48.). Auch in der Folge lief das Spiel nur in eine Richtung. Vor allem mit Flanken sorgte Liverpool immer wieder für Gefahr. Verteidiger Kenny und Torhüter Pickford klärten mehrfach in höchster Not. Der starke Rechtsverteidiger Gomez setzte einen Kopfball knapp drüber (66.). Unter Applaus nahm Klopp dann früh den ständigen Gefahrenherd Salah vom Platz und brachte Firmino (67.).
Drin! Wayne Rooney erzielt vom Elfmeterpunkt sein erstes Tor im Merseyside-Derby. imago
Dass die Reds die Partie nicht schon längst entschieden hatten, rächte sich: Nach einem langen Ball von Rooney ging Calvert-Lewin im Strafraum nach einem kleinen Schubser von Lovren zu Boden - und bekam den Elfmeterpfiff. Eine harte Entscheidung, allerdings hatte sich der Kroate auch überaus plump angestellt. Rooney war es egal, der Rückkehrer erzielte vom Elfmeterpunkt sein erstes Tor im Merseyside-Derby überhaupt (77). Das reichte dem Team von Sam Allardyce, das nur 21 Prozent Ballbesitz verzeichnete, zu einem überaus schmeichelhaften Punktgewinn.
Liverpool verpasste es damit, aus den Patzern der Konkurrenten Chelsea (0:1 bei West Ham) und Arsenal (1:1 in Southampton) Kapital zu schlagen und bleibt Vierter. Klopp, der mit seinem Team am Mittwoch West Bromwich Albion empfängt, war wegen des Elfmeterpfiffs nach Spielende aufgebracht. Dennoch: Liverpool muss sich an die eigene Nase fassen - und Klopp sich wegen seiner Personalentscheidungen wohl Fragen gefallen lassen müssen.