Unter der Woche hatte sich der FC Liverpool in der Champions League gegen RB Leipzig den angesammelten Frust von der Seele geschossen, auch wenn die vielversprechende Ausgangssituation für das Achtelfinal-Rückspiel (2:0) durch zwei individuelle Leipziger Fehler begünstigt wurde. Mit etwas Rückenwind und ohne personelle Veränderungen starteten die Reds also an der Anfield Road, wo sie zuletzt erstmals seit 1963 dreimal in Serie verloren hatten, in das 238. Merseyside-Derby gegen den FC Everton.
Kalte Dusche für Liverpool und Henderson
Und dieses startete denkbar schlecht für den amtierenden englischen Meister: James Rodriguez überspielte Kabak nach einer unzulänglichen Klärungsaktion mit einem Steilpass in den Sechzehner, den Richarlison dort in Empfang nahm und mit einem platzierten Schuss ins untere linke Eck zur 1:0-Führung veredelte (3.). Daraufhin entwickelte sich das erwartet intensive Duell der beiden Lokalrivalen, in dem der LFC zwar größtenteils den Ball am Fuß hatte, gegen extrem tiefstehende Toffees aber nur selten ein Mittel fand. Henderson (21.) und Alexander-Arnold (22.) versuchten es jeweils von außerhalb des Strafraums, fanden in Pickford jedoch ihren Meister.
Kurz darauf folgte die nächste Hiobsbotschaft: Kapitän Henderson musste nach einer halben Stunde verletzungsbedingt vom Platz, war zuvor ohne erkennbare Fremdeinwirkung zu Boden gegangen. Während die Personalsorgen im Kopf von LFC-Trainer Klopp immer größer wurden, weil nun auch ein zum Verteidiger umfunktionierter Mittelfeldspieler in der nahen Zukunft fehlen könnte, verbuchte Everton die Riesenchance auf den nächsten Treffer. Coleman kam im Rücken von Robertson völlig frei vor dem Gehäuse von Alisson zum Kopfball, scheiterte mit diesem aber am brasilianischen Schlussmann (34.).
Everton hält LFC-Ansturm stand
In den ersten Minuten nach dem Wiederanpfiff drückte Liverpool gewaltig auf den Ausgleich. Der nur 1,74 Meter groß gewachsene Mané kam binnen kürzester Zeit zweimal in aussichtsreicher Position zum Kopfball, ließ bei beiden Versuchen aber die Präzision vermissen (48./51.). Während der amtierende Meister weiterhin Druck ausübte und durch Salah (70.) beinahe das 1:1 erzielte, lauerten die Toffees im Verwaltungsmodus geduldig auf eine Kontersituation - mit Erfolg. In der 80. Minute wurde der eingewechselte Top-Stürmer Calvert-Lewin von Alexander-Arnold im Strafraum aus dem Tritt gebracht. Sigurdsson verwandelte den fälligen Elfmeter und machte Liverpools Hoffnungen zunichte (82.).
Die Reds waren zwar nach wie vor die spielbestimmende Mannschaft, liefen aber Mal für Mal vor die blaue Wand oder ließen zu gegebener Zeit die nötige Kaltschnäuzigkeit vermissen, und gingen aus diesem Grund letztlich auch als Verlierer zum Platz. Erstmals seit dem 27. September 1999 hatte der FC Everton ein Merseyside-Derby an der Anfield Road für sich entschieden - und Liverpool kassierte indes die vierte Premier-League-Heimniederlage in Serie, was es zuletzt vor knapp 100 Jahren, genauer gesagt im Dezember 1923, gab.